Es war verrückt!
Der Jahrgang 2024
Hoch die Gläser, hoch die Scheren, hoch die Scheibtruhen!!
Es ist vollbracht: Wir haben die Ernte des heurigen Jahrganges am 24. September erfolgreich abgeschlossen. Ende eines verrückten Jahres und zugleich Anfang, denn wir sind gespannt, wie sich 2024 im Keller entwickeln wird. Ein kleiner Rück- und Ausblick:
Neudegg, 26. September 2024. Früh wie nie zuvor. Schnell wie nie zuvor. Nur drei Wochen – von 2. bis 24. September – hat in diesem Jahr die Ernte gedauert. Begonnen hat die Lese mit Bilderbuchtrauben der PIWI-Sorten Muscaris, Johanniter und Bronner. Zweigelt für Rosé, Gemischter Satz, erste Grüne Veltliner Trauben und unsere gesamten Roter Veltliner Weingärten haben wir noch vor den Regenmassen, die von 13. bis 17. September ganz Niederösterreich und insbesondere unseren Bezirk Tulln unter Wasser gesetzt haben, in den Keller gebracht. Unglaubliche 260 mm Regen wurden in diesen fünf Tagen in unserer Wetterstation in Neudegg gemessen. So viel Niederschlag, wie wir sonst etwa innerhalb eines halben Jahres messen! Lesepause also und hoffen, dass es nur ein blaues Auge wird. So kam es dann auch: Sobald der Regen nachließ, sind wir wieder ausgerückt. Nicht nur der Wasserhaushalt hat sich innerhalb von fünf Tagen vervielfacht, auch die Temperatur hat einen beachtlichen Sprung hingelegt. In nur einer Woche von 30 °C in kurzen Hosen und Leiberln, zu 7 °C in Gummistiefeln und Pullovern unter den Regenmänteln. Da soll sich einer auskennen und Ruhe bewahren! Unsere Leserinnen und Helfer haben geschnippelt was das Zeug hält, denn aufgrund der strahlenden Sonne Anfang September sind die Zuckergrade in die Höhe geschnellt. Die nassen Regentage wiederum ließen die Beeren anwachsen, mancherorts hat sich eine beginnende Fäulnis angekündigt. Schnelligkeit war jetzt höchste Priorität! Aus diesem Grund haben wir zusätzlich zu unserem Leseteam, bestehend aus rund 7-10 Personen, auf größeren Flächen Grüner Veltliner und Zweigelt die Lesemaschine angefordert. Die Presse ist heiß gelaufen, mindestens drei Mal pro Tag, der Keller hat sich rasch mit Most gefüllt. Schnell ist aber auch klar geworden, dass die Mengen unter jenen der Vorjahre liegen. Grund dafür waren wohl die recht trockenen Monate Juli und August. Einem üblichen Austrieb folgten eine rasche Blüte und eine frühe Reifephase, angetrieben vom anhaltenden Sonne-Regen-Wechsel in den Monaten Mai und Juni. Einmal mehr war rasches Handeln gefragt: Hoher Pilzdruck verlangte sorgfältigen und kontinuierlichen Pflanzenschutz.
Alles in allem wurde uns Winzerinnen und Winzern im Jahr 2024 viel Flexibilität abverlangt. Wer nicht schnell reagiert hat, dem hat die Natur schonungslos ihre Macht demonstriert. Das Weinjahr 2024 hat uns gefordert und gleichzeitig wurden wir einmal mehr in unserem jahrzehntelangen Einsatz für die Natur, für Biodiversität und für ein nachhaltiges, bewusstes Leben bestärkt.
Vielversprechender Start im Keller
Nun liegt es an den Mosten. Wir werden sehen, wie sich die in der Natur erlebten Strapazen im Wein widerspiegeln. Während die Trauben in den ersten eineinhalb Wochen relativ warm im Keller ankamen und eine rasche Weiterverarbeitung der Moste für uns das A und O war, waren in der zweiten Erntehälfte nicht nur die geernteten Trauben kälter, sondern auch die Temperatur im Keller ist um viele Grade gefallen. Wir haben eine kontinuierliche Gärung sichergestellt, indem wir wie immer auf Schwefel während der Verarbeitung verzichtet haben und unseren Pied de Cuve – Trauben, die wir kurz vor der Lese aus unseren Wadenthal-Weingärten geholt und zur frühen, eigenständigen Gärung in kleinen Immervolltanks eingemaischt haben – den Mosten zugefügt haben. Hat wunderbar geklappt! Vieles blubbert noch vor sich hin, einiges ist sogar schon durchgegoren. Erste Kostproben stimmen uns positiv: Alles sauber, alles sehr elegant! Es wird wohl ein etwas gehaltvollerer Jahrgang im Vergleich zu den Vorjahren, wir erwarten Aromenreichtum, aber dank zeitgerechter Ernte ausreichend elegantes Rückgrat. Aber es ist wohl noch zu früh für Spekulationen! Die Spannung bleibt. Denn nach so einem verrückten Jahr mag man gerne auf weitere Prognosen verzichten. Wir schenken uns lieber noch ein Glas 2021, 2022 oder 2023 ein, lehnen uns zurück, freuen uns, dass alles im Keller ist und vertrauen. Es wird auch jetzt alles gut gehen!